Als Gute-Nacht-Kuss und Kommentar zur TV-ESO-Debatte:Hölderlins Heraklit.
Lebenslauf
Größeres wolltest auch du, aber die Liebe zwingt / All uns nieder, das Leid beuget gewaltiger, / Doch es kehret umsonst nicht / Unser Bogen, woher er kommt. / Aufwärts oder hinab ! herrschet in heil`ger Nacht, / Wo die stumme Natur werdende Tage sinnt, / herrscht im schiefesten Orkus / Nicht ein Grades, ein Recht noch auch ? / Dies erfuhr ich. Denn nie, sterblichen Meistern gleich, / Habt ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden, / Daß ich wüßte, mit Vorsicht, / mich des ebenen Pfads geführt. / Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen, / Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern`, / Und verstehe die Freiheit, / Aufzubrechen, wohin er will.
„Der tötende Bogen und die beschwingende Leier sind im Grunde dasselbe Gerät: der Weg, der uns hinaufführt, und der, der uns hinabgehen läßt, ist ein und derselbe, wenn dies auch dem, der auf ihm in der einen oder anderen Richtung geht, gar nicht so scheinen will. Daß im Orkus des ‘Abgrunds’, in dem sich das Leben verschattet und alles sich in Schieflagen verfängt, doch ein Grades herrscht (was in dem griechischen Wort dasselbe wie das, was recht ist, meint) hebt die Erfahrung davon nur heraus, daß das ‘aufwärts’ und ‘hinab’ trotz der Gegenläufigkeit in einem und demselben gegründet ist. Nicht der ‘ebene Pfad’, sondern der Lauf über den Lebensbogen läßt dies begreifen. So bezeugt es die Mitte des Gedichts, sein knappster Satz und der einzige in der ersten Person singularis: “Diß erfuhr ich”!! Dieter Henrich: Hölderlin.
Hölderlins Heraklit mit christlicher Eintönung. Aber dies war wohl das Verhängnis` Hölderlins.